Neu im Kino: POPULÄRMUSIK AUS VITTULA

Der Film spielt nördlich des Polarkreises, wo im Sommer die Sonne im nicht unter- und im Winter niemals aufgeht. Niila und Matti werden als kleine Knirpse auf den ersten Blick Freunde: So träumen gemeinsam sie von der großen weiten Welt, von Vittula aus werden sie Paris, den Himalaja und China direkt über die Hauptstrasse erreichen.

Vittula ist ein kleines Nest am Nordrand von Schweden, wo die Menschen Finnisch oder einen seltsamen schwedischen Dialekt sprechen, den keiner versteht. In diese Gegend können nur die harten trinkfesten Männer überleben: der Alkohol fließt in Strömen, die Männer lassen ihre Muskeln spielen oder schwitzen in der Sauna um die Wette. Aber auch Frauen demonstrieren Furcht erregende Kraftakte. Wer da nicht reinpasst, ist ein „Knapsu“.

Es ist eine Platte, die das Leben der beiden Jungs verändert: Populärmusik! Mit anderen Worten – „Rock ’n’ Roll“. Mit schrottreifen Instrumenten legen sie los. Für ihre Umgebung ist Musik was für Weicheier. Weder Spott, Drohungen noch Prügel können die Freunde abschrecken: Rettender Engel ist der neue Musiklehrer Greger, die im knalligen Outfit eines Bikers aufkreuzt: Er gründet als echter Rock’n Roller die erste Rockband. „Welcome to the Sixties”. Matti lässt aber die Band für ein Mädchen sausen, was Niila als tiefen Verrat empfindet. Er flüchtet per Autostop mit einem Laster aus dem langweiligen Nest. Denn Niila hat längst sein Herz an seinen untreuen Freund Matti verloren.

Der aus dem Iran stammende Regisseur Reza Bagher hat den erfolgreichsten schwedischen Roman der letzten Jahre verfilmt. Mikael Niemis fulminanter Text ist nicht nur in seiner Heimat Kult: Die Darsteller sind ein absoluter Glücksfall: Niila kommt aus Finnland, Matti ist Schwede. Hochkarätige Schauspieler wie Kati Outinen oder Bjorn Kjellman geben den Film einen besonderen Touch. Der Film selbst ist eine unwiderstehliche Mischung aus magischem Realismus und ironisch liebevollen Blick auf eine Welt, die nur von schrägen Vögeln bewohnt zu sein scheint: witzig, traurig und absurd zugleich.

Reza Bagher hat mit großem Herzen einen spektakulären Film gedreht, der trotz überraschender Dramatik immer wieder von umwerfender Komik überquillt. Zeitlose Themen wie Erwachsen-Werden, Pubertät, sexuelle Ver- und Entwirrungen, aber auch Verrat und Enttäuschung durchziehen diesen Film.

Peter Jobst

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